Der Deutsche Reise Verband (DRV) sollte seine Jahrestagung Ende Oktober in der Türkei absagen – und zwar sofort. Das ist die Forderung von Touristikprofessor und Ex-TUI-Vorstand Karl Born. In seinem Blog „Bissige Bemerkungen“ schreibt er, ein Attentat sei „nur“ eine punktuelle Gefahr, aber die „Gefahr Erdogan“ seit dem Putsch sei flächendeckend.
Angesichts der veränderten Lage stellt Born die Frage, ob der DRV wirklich in diesem Umfeld seine Jahrestagung in der Türkei abhalten will. „Das geplante positive Zeichen für den Türkei-Tourismus kann im Moment nicht mehr aktuell sein“, fordert er den Verband zum Umdenken auf.
Pauschale Verhaftungen in fünfstelliger Zahl zeigten, hier werde nicht zuerst die individuelle Schuld geprüft, sondern pauschal verhaftet. Es treffe nacheinander immer neue Berufsgruppen. Seines Erachtens ist es nur eine Frage der Zeit, bis es die ersten Hotelmanager trifft. Auch nur der leiseste Verdacht irgendeiner Verbindung zur Gülen-Bewegung sei ein Verhaftungsgrund. Das könne auch „versehentlich“ deutsche Touristen treffen, ist Born überzeugt.
Der Touristiker fürchtet, Erdogan könne aus der Tagung eine Jubelveranstaltung für seine Politik machen. „Die offiziellen türkischen Redner werden Reden halten, bei denen man nur verschämt auf den Boden schauen kann“, beschreibt Born ein mögliches Szenario und fragt sich, wie der DRV-Präsident wohl in diesem Fall reagieren wird. Ein Kommentieren und Korrigieren wäre „nicht nur gefährlich, sondern würde genau das Gegenteil bewirken, was man mit dieser Veranstaltung ursprünglich erreichen wollte“.
In der Vergangenheit habe die Politik oft versucht, auf die political correctness ihrer Bürger und speziell der Touristen einzuwirken. „Im Moment ist es gerade umgekehrt, wir müssen auf unsere Politik einwirken“, fordert Born. „Tut sich der DRV eventuell mit der Absage deshalb so schwer, weil er unter Druck des Auswärtigen Amts steht, unbedingt diese Tagung in der Türkei abzuhalten?“ Wer immer als Urlauber in das Land reisen wolle, könne das gerne tun. Aber für einen Tourismusverband gelten vollkommen andere Anforderungen. „Da erwarte ich politische Einsicht“, so Born.
Indessen versichert Cetin Gürcün, Generalsekretär der Vereinigung der Türkischen Reisebüros Türsab, dass der dreimonatige Ausnahmezustand keine Auswirkung auf das tägliche Leben der Bevölkerung habe und keine Beeinträchtigung für internationale Touristen darstelle. Gürcün versichert darüber hinaus, dass die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land, insbesondere in Ankara und Istanbul, auf das höchste Maß angehoben wurden.