Reisevertrieb

Bundesregierung stimmt für Gutschein-Lösung

Im immer heftiger werdenden Streit um eine Gutschein-Lösung für angezahlte Kundengelder hat die Bundesregierung heute überraschend klar Position bezogen: Bei abgesagten Reisen inklusive Flug-only, aber auch für ausfallende Kultur- und Sportveranstaltungen sollen Verbraucher Gutscheine statt einer sofortigen Rückzahlung bekommen. Das so genannte Corona-Kabinett stimmte am Donnerstagmittag einer entsprechenden Lösung zu. 

Allerdings wagt Deutschland keinen staatlichen Alleingang, wie das bereits Frankreich, Belgien und Italien getan haben. Dort gibt es zum Teil schon seit Wochen statt zurückgezahlter Kundengelder Voucher, die der Kunde nach Ende der Krise einsetzen kann. Zurückfordern kann er das Geld zum Teil erst nach 18 Monaten, so etwa in Frankreich.

Die Bundesregierung setzt nun auf eine europäisch einheitliche Lösung und hat ihren Vorschlag nach Brüssel weitergegeben. Dieser sieht laut einem DPA-Bericht vor, dass die Gutscheine bis Ende 2021 befristet werden und für alle Tickets und Reisen gelten, die vor dem 8. März gekauft wurden.

Löst der Kunde seinen Gutschein nicht bis Ende 2021 ein, muss der Veranstalter ihm den Wert erstatten. Geplant sind auch Härtefallklauseln für alle Kunden, denen ein Gutschein wegen ihrer finanziellen Situation nicht zugemutet werden könne.

TUI Deutschland begrüßt diesen Vorschlag als „sinnvoll und fair“. Der Staat könne in der aktuellen Lösung nicht für alles aufkommen. Es gehe vielmehr darum, die Situation gemeinsam zu meistern, sagt Vertriebschef Hubert Kluske.

Eigentlich ist bei abgesagten Pauschalreisen eine Erstattung spätestens nach 14 Tagen Pflicht, bei abgesagten Flügen innerhalb von sieben Tagen. Viele Veranstalter und Airlines bringt diese Lösung, für die nie ein Pandemie-Fall eingeplant war, allerdings an den Rand des Ruins.

Zuvor war der Streit um eine Gutschein-Lösung immer schärfer geworden – sowohl innerhalb der Branche als auch in der Politik. Während sich etwa der DRV, TUI und MSC mit aller Kraft dafür einsetzten, machte unter anderem der VUSR massiv Front dagegen.

Auf politischer Ebene setzt sich vor allem die CDU-Fraktion für die Lösung ein, während die Grünen lieber auf alternative Lösungen setzen würden. So schlug ihr tourismuspolitischer Sprecher Markus Tressel der Bundesregierung vor, die bis Ende April zurückzuzahlenden Kundengelder mit langfristigen Darlehen aus den Mitteln der verabschiedeten Programme und mit Hilfe der KfW sowie der Hausbanken zu refinanzieren.

Dass dies gehe, habe der TUI-Kredit bewiesen. Alternativ dazu schlug Tressel vor, eine Fondslösung zu prüfen. Die jedoch scheint nunmehr vom Tisch zu sein.

Matthias Gürtler
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