Nach dem Beschluss der Bundesregierung für eine neue Insolvenzabsicherung bei Pauschalreisen müssen mittelständische Veranstalter und Reisebüros, die eigenständig Gruppenreisen auflegen, Geduld beweisen: Zurzeit bewerten die drei verbliebenen Insolvenzabsicherer die neue Rechtslage und stimmen sie mit den Rückversicherern ab.
Dabei geht es um Anbieter, die Reisen im Wert von unter zehn Millionen Euro im Jahr veranstalten. Liegen sie unter einem Umsatz von drei Millionen, sind sie wie gehabt auf einen Insolvenzversicherer angewiesen. Bei einem Umsatz zwischen drei und zehn Millionen Euro haben Unternehmen die Wahl, dem neuen Reisesicherungsfonds beizutreten oder eine Versicherung abzuschließen.
Reisebüros können auf bezahlbare Policen hoffen
Reisebüros mit Eigenveranstaltung können den neuen Versicherungsangeboten relativ entspannt entgegenblicken: Vermutlich steigen für sie die Kosten nur unwesentlich an. Der Grund dafür ist, dass für einen abzusichernden Umsatz von bis zu drei Millionen Euro eine entsprechende Haftungsbegrenzung festgelegt wurde.
So könnte auf ein Reisebüro, das mit selbst veranstalteten Reisen im Jahr rund 50.000 Euro Umsatz macht, eine Prämie von knapp 500 Euro pro Jahr zukommen, schätzt etwa Tourvers-Geschäftsführer Michael Wäldle. Die Zahl hinge allerdings immer von der Bonität des jeweiligen Unternehmens ab.
Entsprechend optimistisch zeigt sich Schmetterling-Manager Hery Charles Eckert. Der hauseigene Versicherungsmakler, bei dem auch Reisebüros anderer Ketten und Kooperationen als Kunden willkommen seien, stehe im engen Austausch mit den Versicherern. Schmetterling rechne damit, den Reisebüros „vorteilhafte Konditionen“ präsentieren zu können.
Auch LCC-Geschäftsführer Markus Orth kann dem neuen Gesetz etwas abgewinnen: Die ab November geltende Lösung sei deshalb positiv für den Reisebüro-Vertrieb, weil sie ein gutes Argument für das Vermitteln von Pauschalreisen biete – egal, bei welchem Veranstalter gebucht werde. Sowohl Reisebüros als auch Kunden hätten beim Thema Kundengeld künftig mehr Rechtssicherheit. Davon abgesehen rechnet auch er für Büros mit Eigenveranstaltungen von unter drei Millionen Euro im Jahr nur mit geringfügig höheren Kosten.
Mittelständische Veranstalter unter Druck
Problematisch und voller Ungewissheiten ist hingegen die Situation für mittelständische Veranstalter mit einem Umsatz zwischen drei und zehn Millionen Euro. Sie haben die Qual der Wahl: Entweder sie steigen in den Sicherungsfonds ein oder sie bleiben bei ihrer Absicherung über eine Versicherung.
Für letztere hat der Gesetzgeber jedoch keinerlei Haftungshöchstgrenze festgelegt. Insofern steigt das potenzielle Risiko für die Versicherer. Christiane Leonhard, Chefin des Busverbandes BDO, fürchtet sogar, dass sich letztlich überhaupt kein Versicherer bereit erklärt, ein Angebot zu erstellen. So könnten Veranstalter mit Umsätzen zwischen drei und zehn Millionen Euro am Ende gezwungen sein, doch in den Fonds der Großveranstalter einzuzahlen – „und das zu extrem teuren Konditionen“.
Steigende Prämien befürchtet
Sollte es die erhofften Policen für diese Umsatzgruppe geben, stellt sich die Frage, wie sich die Preise entwickeln. Zum aktuellen Zeitpunkt könne man dazu keine Aussagen machen, heißt es sowohl bei Touvers als auch bei der R+V.
Immerhin hat Tourvers angekündigt, die Musterverträge und AVB so auf die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, „dass wir diese im Rahmen der Vertragsverlängerung spätestens für das kommende Jahr einsetzen können“, berichtet Geschäftsführer Michael Wäldle auf Anfrage von touristik aktuell. Ziel von Tourvers sei, „unseren Kunden auch unter den neuen Rahmenbedingungen weiter zur Verfügung zu stehen“, so Wäldle.
Wie Tourvers als Dienstleister der Hanse Merkur Versicherung hatte sich auch die R+V in der Vergangenheit auf das Absichern kleiner Veranstalter konzentriert. Daran werde sich nichts ändern, heißt es aus der Zentrale in Wiesbaden. Man sehe „in diesem Segment weiterhin ein interessantes Geschäftsfeld“.
Allerdings verweist auch die R+V auf das Problem der fehlenden Haftungsbeschränkung bei Veranstalterumsätzen zwischen drei und zehn Millionen Euro im Jahr. Die Auswirkungen auf die Versicherbarkeit werde derzeit geprüft.
Einige Anbieter warten dringend auf die Absicherung
Wichtig für Reisebüros mit selbst aufgelegten Reisen und kleinere Veranstalter ist nun, dass die Versicherer konkrete Prämien vorlegen und auch wieder Neukunden versichern. Genau das wird für viele Unternehmen zu einer drängenden Aufgabe. Denn viele Verträge sind ausgelaufen und neue Verträge wurden seit Monaten nicht mehr ausgestellt.
Das Gesetz für die neue Kundengeldabsicherung gilt ab 1. Juli. Die konkrete Verordnung und damit die operative Umsetzung soll in diesen Tagen bekannt gegeben werden.