Verkehr

Nato-Übung: Kommt es zum Flug-Chaos oder nicht?

So viel ist sicher: Die bislang größte Nato-Übung wird den Luftverkehr beeinträchtigen. Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt

Die große Nato-Übung „Air Defender 23“ vom 12. bis 23. Juni, bei der Teile des deutschen Luftraumes zeitweise für den zivilen Luftverkehr gesperrt sein werden, rückt näher. Dadurch werde es voraussichtlich zu Verspätungen und verlängerten Flugzeiten bei Passagiermaschinen kommen, worauf die Deutsche Flugsicherung (DFS) jetzt noch einmal hingewiesen hat.

Verspätungen und Streichungen erwartet

Zwar hätten Simulationen der europäischen Flugsicherungsagentur Eurocontrol ergeben, dass mit Flugannullierungen nicht zu rechnen sei. „Flugverspätungen sowie verlängerte Flugzeiten dagegen werden unausweichlich sein“, heißt es in der DFS-Mitteilung. Gemeinsam mit den Systempartnern im Luftverkehr werde die Flugsicherung „alles tun, um die Auswirkungen auf den zivilen Flugverkehr so gering wie möglich zu halten“. Dafür werde das DFS-Personal für den Zeitraum der Übung „in außergewöhnlichem Umfang“ aufgestockt.

Konkret sind für die Übung täglich mehrstündige Sperrungen in drei Sektoren des deutschen Luftraums vorgesehen, und zwar im Luftraum Ost (Mecklenburg-Vorpommern bis Ostsee), Süd (Bayern bis Baden-Württemberg) und Nord (über der Nordsee). Laut DFS werden zivile Flüge, wo erforderlich, umgeleitet und erhalten feste Startzeitfenster. Übersteigt die geplante Anzahl an Flügen die aus Flugsicherungsgründen akzeptable Kapazität, könnten Verspätungen entstehen.

Im Gegensatz zur DFS rechnet die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) durchaus mit Flugausfällen. Der Grund: Bis zu 100 Maschinen pro Tag würden ihr Umlaufziel nicht rechtzeitig erreichen, sodass sie am Folgetag nicht am geplanten Ort zur Verfügung stünden. Unter Strich müssten Flugreisende mit täglich 50.000 Verspätungsminuten rechnen, prognostiziert die GdF.

Diese Rechte haben betroffene Passagiere

Reiserechtler Paul Degott weist im Gespräch mit dem Portal Reisereporter.de darauf hin, dass Passagiere das Recht auf eine Ersatzbeförderung haben, wenn ein Flug aufgrund der Nato-Übung ausfällt. Falls die Airline keine alternative Verbindung anbiete, könnten Passagiere selbst eine Verbindung aussuchen, einschließlich einer Zugfahrt. Die Kosten können anschließend bei der Airline geltend gemacht werden.

Veranstalter haben laut Degott indessen die Verpflichtung, Reisende ungefragt über alle Umstände zu informieren, die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Reise erforderlich sind. Dazu gehörten auch mögliche Beeinträchtigungen durch die Nato-Luftübung. Wenn der Veranstalter diese Informationspflicht vernachlässige, können Minderungsansprüche geltend gemacht werden.

„Außergewöhnlicher Umstand“

Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung haben Reisende nach Einschätzung des Portals Flightright.de hingegen nicht. „Die kommende Nato-Übung ist als ein außergewöhnlicher Umstand einzustufen und daher bestehen geringe Aussichten auf eine Entschädigungszahlung“, so Flightright-Expertin Claudia Brosche.

„Air Defender 23“ ist die größte Nato-Übung seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Laut Bundeswehr sind daran bis zu 10.000 Übungsteilnehmer aus 25 Nationen mit 250 Luftfahrzeugen beteiligt, die unter der Führung der Luftwaffe Operationen im europäischen Luftraum durchführen.

Thomas Riebesehl
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