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Reisebüros: Jetzt Versicherungen checken!

Reisebüros sollten ihre Versicherungsunterlagen nun ganz genau sichten – am besten mit Hilfe eines Experten

Reisebüros sollten ihre Versicherungsunterlagen nun ganz genau sichten – am besten mit Hilfe eines Experten. Foto: stevepb/www.pixabay.de

Reisebüros gehören wie viele andere Ladengeschäfte zu den Unternehmen, die wegen der Corona-Pandemie aufgrund behördlicher Vorgaben geschlossen bleiben müssen. Häufig lohnt sich ein Blick in die Versicherungsunterlagen – denn wer eine Betriebsschließungs- oder Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen hat, hat möglicherweise Anspruch auf entsprechende Versicherungsleistungen. Darauf weist Arne Podewils, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei MZS Rechtsanwälte in Düsseldorf, hin.

Dokumente genau prüfen
Für Reisebüros kann es sich also durchaus lohnen, ihre Dokumente ganz genau unter die Lupe zu nehmen. Eine Betriebsschließungsversicherung deckt Podewils zufolge in der Regel die Auswirkungen einer nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheit ab. Wichtig ist dabei, dass eine Behörde die Schließung des Reisebüros angeordnet haben muss. Hat ein Inhaber entschieden, sein Ladengeschäft bereits vor dieser Anordnung (beispielsweise wegen eigener Krankheit oder dem Ausbleiben von Kundschaft) zu schließen, kann er für den Zeitraum bis zur verordneten Schließung keine Versicherungsleistungen geltend machen.

Schwammig formulierte Bedingungen
Einen weiteren Fallstrick sieht Podewils in den teils schwammig formulierten Bedingungen der Versicherer. So hätten bereits einige Versicherer Zahlungen abgelehnt, da Covid-19 nicht zu den zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses genannten Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG, früher: Bundesseuchengesetz) gehöre. „Aus unserer Sicht ist dieses Argument nicht sehr stabil“, stellt Podewils klar. Denn: „Wenn die Versicherungsbedingungen Bezug auf die meldepflichtigen Krankheiten nach dem IfSG nehmen, muss auch Covid-19 erfasst sein, da es durch eine Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 1. Februar 2020 zu einer meldepflichtigen Krankheit deklariert wurde.“ Anders sieht es aus, wenn Versicherungen einzelne Krankheiten abschließend aufzählen. In diesen Fällen ist Covid-19 natürlich noch nicht enthalten.

Leider viele Ausnahmen
Schlechtere Chancen haben Reisebüros, die keine Betriebsschließungs-, sondern eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen haben. Diese muss Podewils zufolge ebenfalls für den entstanden Schaden aufkommen – jedoch nur, „wenn eine zusätzliche Deckungserweiterung nicht nur für Sachschäden, sondern auch für behördliche Schließungen nach dem Infektionsschutzgesetz mit inbegriffen ist“. Deutlich besser sieht es nach Aussage des Anwalts bei einem modernen Versicherungsprodukt mit einer so genannten „All-Risk-Deckung“ aus, da diese nicht nur bei Sachschäden in Anspruch genommen werden kann.

Schaden sofort melden
Generell rät der Anwalt, die Versicherung sofort über die Betriebsschließung zu informieren, um den Versicherungsschutz nicht zu verlieren. Häufig ist es hier ratsam, einen Spezialisten ins Boot zu holen, um Ansprüche und Fristen zu prüfen.
Greift die Versicherung, muss sie – abhängig von den vertraglichen Bedingungen – vom Jahresgewinn heruntergerechnete Tagessätze für die Zeit der Betriebsschließung zahlen und eventuell auch die Lohnkosten für Mitarbeiter übernehmen.

Viele Versicherungen reagieren nicht
Aber Vorsicht: „Nach unserer Erfahrung lehnen die meisten Versicherungen die Forderungen zunächst ab oder reagieren erst gar nicht“, so Podewils. Das sei zumindest die übliche Reaktion, wenn das erste Schreiben vom Unternehmen selbst und nicht von einer Kanzlei verschickt werde. Zudem müsse davon ausgegangen werden, „dass die meisten Versicherungen jeden Fehler bei der Anmeldung sofort zu ihren Gunsten nutzen“. Er rät daher allen Reisebüros dringend, bei der Schadenmeldung einen Anwalt hinzuzuziehen. (sl)

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