Reisevertrieb

Reisebüros: Offener Brief an Veranstalter

BRA.IN ruft Reisebüros auf, an einem Strang zu ziehen und gemeinsame Forderungen an die Veranstalter zu richten

BRA.IN ruft Reisebüros auf, an einem Strang zu ziehen und gemeinsame Forderungen an die Veranstalter zu richten. Foto: deimagine/iStockphoto

Mit einem Offenen Brief will der unabhängige Zusammenschluss „Branchen Insider" (BRA.IN) Reisebüros aufrufen, gemeinsame Forderungen gegenüber den Veranstaltern durchzusetzen. Nur so könnten Reisebüros die Krise überstehen und in Zukunft bestehen.

BRA.IN ist ein Zusammenschluss mehrerer Reisebüros rund um Aron Stiefvater, mehrfacher Globus-Award-Gewinner. Mitstreiter sind unter anderem Udo Hell, Patrick Leistner, Jörg Hebbel, Christian Weimann, Armin Becker, Matthias Sworowski, Christine Fäth-Schubert und Heike Schiller-Balzer.

„Bisher sind in der extrem angespannten Situation in erster Linie Forderungen an die Politik geäußert worden - wir sind allerdings der Meinung, dass die Reisebüros in erster Linie die entsprechend verbindliche Zusage für eine faire  Zusammenarbeit in der Zukunft von den Veranstaltern benötigen", erläutert Stiefvater. Diesem Thema habe sich bisher niemand angenommen, verständlich wenn man berücksichtige, dass viele Kooperationen Ableger von großen Veranstaltern seien.

Aus diesem Grund wolle BRA.IN das Thema kooperations- und Systemübergreifend angehen. Auf der Homepage www.branchen-insider.de können sich Reisebüros mit der Aktion solidarisch erklären.

 

Der Offene Brief im Wortlaut

„Seit vielen Wochen steht unsere Branche still. Die Coronakrise gefährdet die Existenz tausender Reisebüros und deren Arbeitsplätze. Die allgemeinen Unterstützungsmaßnahmen der Politik verfehlen ihre wirtschaftssichernde Wirkung, da der Outgoing-Tourismus  auch  von  anderen  Regierungen  abhängig  ist  und  einen  deutlich  längeren  Atem  benötigt  als jede andere Branche.
Bereits seit Beginn des Jahres mussten die Reisebüros die ersten Verluste hinnehmen. Sehr viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass es noch Monate dauern wird, bis wieder mit Neubuchungen von Reisen zu rechnen ist. Darüber hinaus kann es eventuell Jahre dauern bis wieder Reisen auf dem Niveau von 2019 durchgeführt werden können.

Diese Zeit wird zum reinen Überlebenskampf für viele Reisebüros.Dabei fehlen politische Signale, die Mut machen oder Sicherheit geben! Das Gegenteil ist der Fall: Irritierende Äußerungen, Grenzschließungen, Reisewarnungen und unqualifizierte Aussagen von Politikern machen unser Geschäft schlicht unmöglich. Und  so  ist  es  nicht  verwunderlich,  dass  auf  allen  Ebenen  der  touristischen  Wertschöpfungskette  die  Verantwortlichen nach Lösungen und Möglichkeiten suchen, um den Fortbestand ihrer Firmen zu sichern.

Dabei macht sich eine ungesunde Atmosphäre breit, die den Anschein erweckt, dass sich mancher Player die Krise zu Lasten anderer zu Nutze macht. Und schon steckt die Branche mittendrin in dem immer wiederkehrenden Konflikt: „Die Veranstalter“ gegen „Die Reisebüros“!

Vor allem die anscheinend „selbstverständliche“ Verlagerung der Mehrarbeit einiger Anbieter auf den stationären Vertrieb - der ohnehin aktuell ohne Bezahlung arbeitet - führt auf der Seite der Verkäufer zu einer Flut an erbosten Kommentaren in den sozialen Medien sowie zu einer (auch emotionalen) Abkehr von bisher durchaus erfolgreichen Beziehungen zu genau diesen Handelsherrn.

Doch je mehr jeder unter uns auf sich schaut, umso deutlicher wird doch, dass es diese Branche nur schafft, sich selbst zu retten, wenn wir endlich alle an einem Strang ziehen! Deshalb ist es Zeit zu handeln! Und dafür ist höchste Eile geboten! Unterstützen Sie mit Ihrer Unterschrift deshalb unsere dringenden Forderungen an die Reiseveranstalter!

Die Forderungen
- Die unmittelbaren Verhandlungen der Vertriebskonditionen für das Geschäftsjahr 2020/21. Wir fordern dabei Vergütungsmodelle, die nicht vordergründig auf Steigerung der Umsätze ausgelegt sind und die Bezahlung der Provision zum Zeitpunkt der Buchung! Diese Provision muss dem Reisebüro gehören, auch wenn eine Reise kostenfrei storniert werden muss – denn sie entlohnt getane Arbeit!

- Einen „runden Tisch“, an dem sich Vertreter von Reiseveranstaltern gemeinsam mit uns auf auskömmliche Vergütungsregelungen für alle Stornierungen und Umbuchungen sowie auf eine faire Bearbeitungsgebühr bei der Abwicklung von Gutscheinen im Rahmen der Corona-Krise verständigen!

- Die Vorbereitung der Zeit „nach Corona“! Es müssen neue Agenturverträge und Vergütungsmodelle aus-gehandelt werden, mit denen eine Zusammenarbeit zwischen Produzenten und Vertrieb auf Augenhöhe gewährleistet  ist.  Dabei  geht  es  um  freiwillige  Änderungen  der  Agenturverträge  und  einen  angepassten  Handelsvertreterstatus,  der  auch  solche  Krisen  berücksichtigt.  Reiseveranstalter,  die  bei  der  Gestaltung  der Zukunft den Vertrieb aktiv und gleichberechtigt ins Boot holen, werden davon langfristig profitieren.

Wir, die Unterzeichner möchten mit Ihrer Unterstützung kooperationsübergreifend an die Veranstalter, Verbände und Politiker herantreten, um unsere Forderungen zu formulieren und durchzusetzen. Bisher war das größte Problem der Reisebüros die mangelnde Solidarität. Es ist die letzte Gelegenheit, einmal mit einer Stimme zu sprechen, unabhängig davon, welcher Kooperation, welchem Verband oder welchem System man angehört. Die Interessen der einzelnen Organisationen müssen jetzt zurückgestellt werden, um die Reisebüros zu retten. Jetzt ist es für uns Reisebüros an der Zeit, die Krise für eine Veränderung zu nutzen und unsere Solidarität zu zeigen."