Reisevertrieb

Markt: Umsatz steigt, Zahl der Bucher hinkt hinterher

Aus den Reisebüros hört man: Urlaubsbuchungen im mittleren und unteren Preisniveau nehmen ab — gerade von Familien

Aus den Reisebüros hört man: Urlaubsbuchungen im mittleren und unteren Preisniveau nehmen ab — gerade von Familien. Foto: DGLimages / iStock

Das Wintergeschäft boomt, die Vorausbuchungen für den Sommer laufen super. Egal ob Reisebüro-Inhaber, Veranstalter oder die Chefs der großen Kooperationen – unisono werden neue Umsatzrekorde gepriesen.

„Die Vorausbuchungen für das Jahr 2024 waren so gut wie niemals zuvor in meinen 23 Jahren Selbstständigkeit“, bilanziert Reisebüro-Inhaber Guido Massar aus Frankfurt. Bei Kollegin Flavia Santos von der Reisegalerie Roth bei Nürnberg läuft das Geschäft wie geschmiert: „Wir kommen mit den Anfragen nicht nach und die Kunden sind positiv gestimmt.“

13 Prozent weniger Bucher im vergangenen Jahr

Das starke Umsatzplus, das der Branche im vergangenen Geschäftsjahr große Freude bereitete, fußt hauptsächlich auf den stark gestiegenen Reisepreisen. Die Zahl der Urlauber hält da nicht mit, sie sank im vergangenen Touristikjahr laut DRV sogar um 13 Prozent im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren. Was allerdings weiter steigt, sind die Preise.

Das bereitet den Branchenteilnehmern großes Kopfzerbrechen, darunter auch dem neuen RTK-Geschäftsführer Hauke Moll: „Aktuell habe ich das Gefühl, dass unsere Branche auf der Welle der hohen Preise schwimmt, die viele Kunden bereitwillig zahlen.“

Ständige Preissteigerungen können laut Hauke Moll nicht zum Erfolg führen

Darin sieht der RTK-Chef eine Gefahr. „Nach aktuellen Prognosen der Wirtschaftsweisen wird sich die Inflation im Jahr 2024 bei ungefähr 2,6 Prozent einpendeln. Trotzdem hat unsere Branche die Urlaubsreisen wieder verteuert.“ Das könne nicht zum Erfolg führen. „Wenn Bürger merken, dass die Reisepreise weiter steigen, dann kehren sie dem Urlaub eventuell den Rücken zu oder verreisen nur noch alle zwei Jahre.“

Dass dieses Szenario mehr als nur ein Gedankenspiel ist, zeigen aktuelle Zahlen des Datendienstleisters Travel Data + Analytics (TDA): Trotz starker Umsätze haben im Vergleich zu der Vor-Corona-Zeit aktuell 14 Prozent weniger Gäste einen Winterurlaub gebucht.

Nicht jeder Haushalt kann sich eine organsierte Urlaubsreise leisten

„Die saisonübergreifend fehlenden Bucher sind ein klares Indiz dafür, dass sich nicht jeder Haushalt angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten derzeit eine organisierte Urlaubsreise leisten kann oder will“, sagt Alexandra Weigand, Director Sales & Consulting bei TDA.

Damit scheint sich ein Trend zu bewahrheiten, vor dem der DRV bereits seit Monaten warnt: Urlaub droht zu einem Luxusgut zu werden. Lösungen müssten laut dem Branchenverband einerseits von der Politik kommen. Andererseits nimmt DRV-Präsident Norbert Fiebig die eigene Branche in die Verantwortung, insbesondere die Leistungsträger. Sie müssten „sehr sensibel mit der Preisschraube“ umgehen, forderte er jüngst.

Dass Urlaub für Einige nicht mehr bezahlbar ist, weiß auch Reisebüro-Inhaber Guido Massar. „Obwohl das Geschäft bei uns toll läuft, häufen sich die nicht erfüllbaren Anfragen, die ein gewisses Budget nicht überschreiten können oder wollen.“ Massar macht sich Gedanken: „Ich bin mir nicht sicher, ob alles so super weiterlaufen wird. Wir wollen nicht nur unsere Luxuskunden in den Urlaub schicken, sondern alle Kunden.“

Schlechtere Abschlussrate im Reisebüro für das mittlere und untere Preisniveau

Reiseverkäuferin Claudia Mades aus München sieht das ähnlich: „Viele Counter-Kollegen erzielen derzeit schlechtere Abschlussraten als üblich bei Urlaubsbuchungen für das mittlere und untere Preisniveau.“ Das „Brot-und-Butter“-Geschäft besonders bei Familien fehle jetzt schon deutlich.

Arne Hübner
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