Reisevertrieb

Pauschalreiserichtlinie: Scharfe Kritik an EU-Plänen

Sollte der aktuelle Entwurf für die Revision der Pauschalreiserichtlinie umgesetzt werden, würde diese Reiseform deutlich unattraktiver für den Kunden. Foto: rrarorro/iStock

Sollte der aktuelle Entwurf für die Revision der Pauschalreiserichtlinie umgesetzt werden, würde diese Reiseform deutlich unattraktiver für den Kunden. Foto: rrarorro/iStock

Die Zeit drängt, doch noch ist es nicht zu spät: Sieben wichtige Verbände der Tourismusbranche haben eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt. Mit dabei sind folgende Verbände: ASR, DRV, DTV, Forum Anders Reisen, IHA, RDA und VIR.

Sie vertreten gemeinsam die Auffassung, „dass der vorgelegte Gesetzentwurf handwerklich schlecht gemacht ist, Regeln des fairen Wettbewerbs missachtet und falsche Schlussfolgerungen aus der Pandemie zieht“. Es bestehe die große Gefahr, dass der Reisemarkt in seiner Struktur „nachteilig verändert wird“, sollte der Vorschlag der Kommission in dieser Form beschlossen werden.

Appell an Bundesregierung

Die Verbände appellieren an die Bundesregierung, die schweren Fehler im Gesetzentwurf in den anstehenden Sitzungen der Ratsarbeitsgruppen klar und deutlich anzusprechen, damit der EU-Rat im weiteren Verlauf zu einer sachgerechten Auffassung der europäischen Regierungen gelangt. Zudem bitten die Verbände die Bundestagsabgeordneten, die Positionierung der Bundesregierung in den relevanten Ausschüssen sorgfältig zu beobachten und frühzeitig steuernd einzuwirken.

„Handwerkliche Fehler“, falscher Verbraucherschutz

Laut einer Mitteilung des DRV würden es die Verbände begrüßen, „wenn die EU-Kommission aktiv handwerkliche Fehler beseitigt, zentrale Punkte des Gesetzentwurfs noch einmal unvoreingenommen bewertet und korrigiert“.

Durch die neu angedachten, zusätzlichen Verbraucherschutzanforderungen würden Pauschalreisen im Preis weiter steigen. Diese werde „die äußerst preissensiblen Verbraucher“ aller Erfahrung nach dazu veranlassen, von einer Pauschalreisebuchung Abstand zu nehmen.

Die Alternative seien selbst zusammengestellte Reisen auf eigenes Risiko – und damit das Gegenteil von Verbraucherschutz.

„Große Auswirkungen“ auf deutschen Markt

„Ohne jeden Zweifel“ werde die Pauschalreiserichtlinie sehr große Auswirkungen vor allem auf den deutschen Markt haben, betonen die acht Verbände in ihrem Schreiben: 41 Prozent aller in der EU gebuchten Pauschalreisen werden in Deutschland verkauft. Diesen Aspekt müsse die Politik in ihrer Beurteilung einbeziehen, so die Forderung.

Darüber hinaus halten es die Wirtschaftsverbände für notwendig, dass die angedachten Regeln vorab einem Praxistest unterzogen werden. Dies würde „schnell verdeutlichen, dass sich einige der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regelungen als wirkungslos, aber kostenintensiv und praxisfremd erweisen werden“.

Hier besteht nach Ansicht der Verbände Verbesserungsbedarf:

  • Die Geschäftsreise gehört nicht in eine Pauschalreiserichtlinie und ist aus der Regelung herauszunehmen.
  • Die geplante Einführung der Drei-Stunden-Frist macht den Verkauf verbundener Reiseleistungen im Reisebüro unmöglich und schmälert die Vielfalt des Angebots.
  • Die „Click through“-Regelung geht in die richtige Richtung, lässt aber nach wie vor Schlupflöcher offen.
  • Die geplante Regulierung der Anzahlungshöhe ist überflüssig und überzogen.
  • Die Ausweitung des Kundenrechts, eine Pauschalreise wegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände am Wohnsitz oder Abreiseort absagen zu können, bedeutet eine komplette Risikoverlagerung auf den Reiseveranstalter. Das ist nicht sachgemäß und unverhältnismäßig.
  • Die Einbeziehung von drei Reisewarnungen – am Wohnsitz, am Abreiseort und im Zielgebiet – ist unklar und nicht sachgerecht. Maßgeblich kann nur eine Reisewarnung sein.
  • Mit der strikten Beibehaltung der 14-Tages-Frist zur Rückzahlung von Kundengeldern bei Großschadensereignissen zieht die Kommission die falschen Lehren aus der Pandemie und belastet die Unternehmen unnötig.
  • Die Einführung eines zusätzlichen nationalen Krisenfonds, der einseitig von der Industrie getragen werden soll, verteuert die Pauschalreise neuerlich ohne wirklichen Mehrwert für die Kunden.
  • Die geplante Einführung einer gesetzlichen Gutscheinlösung auf freiwilliger Basis hilft in globalen Krisen nicht weiter. Eine Lösung brächte allein das Recht obligatorische Gutscheine zur Verfügung zu stellen.
  • Reisebüros benötigen keine eigene Insolvenzabsicherung für die Vermittlung bereits insolvenzabgesicherter Pauschalreisen. Der Sinn erschließt sich nicht.
  • Die Schaffung eines B2B-Regressanspruches dürfte in der Praxis nicht durchsetzbar sein.
Matthias Gürtler
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