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Airlines: Kritik an Vorkasse-Praxis nimmt zu

Sollten Passagiere weiterhin ihre Tickets im Voraus zahlen? Diese Frage sorgt für Streit

Sollten Passagiere weiterhin ihre Tickets im Voraus zahlen? Diese Frage sorgt für Streit. Foto: vm/istockphoto

Die kontroverse Diskussion um die Vorkasse-Praxis der Airlines nimmt wieder Fahrt auf. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert, dass Urlauber künftig beim Buchen von Flügen nicht mehr vorab bezahlen müssen. Auch Teile der Bundesregierung stellen das Prinzip infrage, während von der Airline-Branche Widerspruch kommt.

Keine „zinslosen Kredite“ für Fluglinien

VZBV-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth forderte die Berliner Ampel-Koalition im Handelsblatt auf, die Vorkasse-Praxis bei Flugbuchungen zu reformieren. Dazu sollten die zuständigen Ministerien für Verbraucherschutz und für Verkehr einen runden Tisch unter Beteiligung von Airlines, Flughäfen und Verbraucherschützer einrichten. „Passagiere sind es leid, den Airlines zinslose Kredite zu geben, bei abgesagten Flügen auf den Kosten sitzen zu bleiben oder im schlimmsten Fall das Risiko einer Insolvenz tragen zu müssen“, kritisiert Jungbluth.

Zuvor hatte bereits die niedersächsische Landesregierung Bewegung in die Diskussion gebracht. Mit einer Bundesratsinitiative will sie die Vorkasse-Regelung für Flugreisen abschaffen. „Diese Art von Vertragsgestaltung hat in den vergangenen Jahren bereits vielfach zu erheblichen Schwierigkeiten bei den Reisenden geführt, wenn die jeweiligen Flüge nicht wie geplant durchgeführt worden sind“, heißt es in der Initiative.

Der Vorstoß wird in der Bundesregierung unterschiedlich bewertet. Während das FDP-geführte Verkehrsministerium skeptisch ist, zeigt sich das grüne Verbraucherschutzministerium offen – und warnt Airlines zudem vor einer zögerlichen Ticketerstattung für Reisende, deren Flüge wegen des Chaos in diesem Sommer gestrichen wurden. „Der Anstieg der Beschwerden bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr könnte darauf hindeuten, dass dies derzeit nicht immer ganz reibungslos verläuft“, sagte Verbraucher-Staatssekretärin Christiane Rohleder dem Handelsblatt.

Airlines warnen vor höheren Preisen

Die Luftverkehrsbranche stemmt sich gegen eine Abschaffung der Vorkasse. Flüge würden teurer, weil die Planbarkeit wegfiele, „denn die Airline muss einkalkulieren, dass der gebuchte Sitzplatz unter Umständen frei bleibt und nicht mehr verkauft werden kann“, so Matthias von Randow vom Verband BDL. Zudem hätten die Fluggesellschaften „enorme Wettbewerbsnachteile“, wenn die Regelung nur in Deutschland fallen würde.

Laut einem im Dezember 2020 veröffentlichten Gutachten der Hochschule Luzern im Auftrag des VZBV wäre ein Ende der Vorkasse-Praxis für Verbraucher allerdings nur mit „sehr moderaten Preiserhöhungen“ verbunden. Demnach müssten Flug- und Reiseanbieter für Vorleistungen Eigen- oder Fremdkapital aufnehmen, was Flugbuchungen maximal 3,3 Prozent und Pauschalreisen 1,1 Prozent verteuern würde.

Thomas Riebesehl
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